VON GASTARBEITERLITERATUR ZUR TRANSNATIONALEN LITERATUR? PROBLEMATISIERUNGEN UND FORSCHUNGSFRAGEN
DOI:
https://doi.org/10.32782/2410-0927-2020-12-7Ключові слова:
transnationale Literatur, transnationale Erinnerungskulturen, TransmigrantАнотація
Innerhalb der Literaturwissenschaft herrscht eine gewisse Begriffsunsicherheit: Es gibt viele verschiedene Begriffe, welche zum Teil bedeutungsgleich verwendet werden, zum Teil allerdings auch mehr oder weniger strikt voneinander unterschieden werden (transnationale Literatur, Chamisso-Literatur, interkulturelle Literatur, diasporische Literatur, Literatur der Betroffenheit, Minderheitsliteratur, Literatur mit dem Motiv der Migration, Literatur der Migration, Fremdliteratur, Literatur der Fremde, Literatur in der Fremde, Ausländerliteratur, Literatur ohne festen Wohnsitz, Gast-, Immigranten-, Emigrations-, Migranten-, Migrationsliteratur, deutsche Gastliteratur, deutsche Literatur von außen, Exilliteratur, die Literatur der (Arbeits-)Migranten. In der Gegenwart wird viel über die Neudefinierungen von Migrantenliteratur “interkulturelle Literatur” und “transnationale Literatur” debattiert und gestritten. Neuere Befunde der Migrationsforschung lassen erkennen, dass soziale und kulturelle Motive vor geographischen und ökonomischen Wanderungsmotiven gegenwärtig dominieren. Zwischen Transmigration und transnationaler Literatur, die in das 21. Jahrhundert hinüberleitet, besteht ein zwingender Zusammenhang. Wichtige Kriterien der transnationalen Literatur sind: die mehrsprachige Erfahrung; die mehrkulturelle Erfahrung in der Minderheitensituation; neue transnationale Erinnerungskulturen, in denen divergente Bedeutungen aufeinandertreffen, zentrale Ereignisse der Geschichte und Persönlichkeiten und Prozesse neu bewertet und tradierte Narrative befragt und transformiert werden. Diese Literatur zeichnet sich durch einen transnationalen respektive transkulturellen Charakter aus. Phänomene der Transnationalität gibt es in der Literatur auf drei Ebenen: Produktion, Thematik und Darstellung, Rezeptio. Dabei ist zu unterscheiden: nach Autoren, die bereits in ihrer Heimat und in ihrer Muttersprache als Autoren waren (Herta Müller (Rumunien), Maynat Kurbatowa (Tschetschenien), Marjana Gaponenko (Ukraine)); nach Autoren, die erst durch die Erfahrung der Migration zum Schreiben kommen (Abbas Khider (Irak), Katja Petrowskaja (Ukraine), Liu Dejun (China)); nach Autoren, die noch in jungem Alter ihre Heimat verlassen mussten und im deutschsprachigen Raum aufgewachsen sind (Z Şenocak, J F A Oliver, Z Çirak, S Özdogan, Feridun Zaimoglu, Saša Stanišić); nach Autoren mit Migrationshintergrund, deren Elternteile beide (oder ein Elternteil) im Ausland geboren wurden, sie sind von Kind an bi- oder trilingual (Shida Bazyar, Sherko Fatah).
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